Albertie Ausgabe 02/2016

Die neue Albertie 02/2016 ist da

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Liebe Leserin, lieber Leser,

ich weiß nicht, in welchem Jahrzehnt Sie Ihre Kindheit verlebt haben und welche Rolle Tiere in dieser Zeit gespielt haben. Gehören Sie zu den Glücklichen, die schon als Kind einen Hund in der Familie hatten? Oder teilte eine Katze mit Ihnen die Wohnung oder den Hof, den Garten?

Für mich sah das eher so aus: Oma hatte einen Wellensittich und Papa ein Aquarium. Der Wellensittich saß in Einzelhaft in einem der damals üblichen Vogelkäfige – mit einem Spiegel und einem Plastik-Kameraden. Durchs Zimmer fliegen und mit Oma schmusen war einmal am Tag. Dann ging’s wieder ab in den Käfig. Ich erinnere mich nicht mehr, wie lange das Vögelchen das durchgehalten hat. War damals halt so...

Papas Aquarium war sein Ein und Alles: Wasserfilter und Pumpe reinigen, Scheiben reinigen, in Großaktionen (die Mama um den Verstand brachten) die gefürchteten Blaualgen beseitigen, füllten einen großen Teil seiner Freizeit aus. Neonfische, Guppys, Black Mollys, Welse – die bei uns „Kehrmaschinen“ hießen – Fadenfische und Wasserschnecken (!!) zu beobachten oder Schwertträger-Weibchen bei der Geburt ihrer lebenden Jungen zuzusehen, ist Teil der schönsten Erinnerung an meine Kindheit. Papa hätte gerne ein Meerwasseraquarium gehabt, aber das war zu teuer damals und – ich zitiere Papa – „wegen der ganzen Chemie verdammt kompliziert!“.

Ich habe damals – ohne es zu merken – den bedeutsamen Unterschied gelernt zwischen „Ich will ein Tier“ – zu meinem Spaß, meiner Ablenkung und ohne Rücksicht auf seine (arttypischen und individuellen) Bedürfnisse – und „Ich verzichte auf ein Tier“ – weil ich ihm keine angemessenen Bedingungen schaffen kann und weil ich die erforderlichen Sachkenntnisse nicht habe.

Ich glaube, dass eine ähnliche Sicht auf die Dinge auch helfen würde, das politisch brisante Thema „Haltung von Exoten in Privathaushalten“ einzuordnen: Nicht hysterische Panikmache um entwichene Würgeschlangen, aber auch nicht das Verschleudern von Wasserschildkrötenbabys für jedermann im Zoohandel…

Ich bin übrigens froh, dass Biologen, Verhaltensforscher, Tiermediziner und Tierschützer dazu beigetragen haben, dass die Einzelhaft von Wellensittichen und Papageienvögeln weitgehend der Vergangenheit angehört. Und ich bin ein bisschen traurig, dass die Aquaristik so „aus der Mode“ gekommen ist.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer!

 

Ihre

Elke Esser-Weckmann

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